Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie Arbeitgebende die Notenabstufung in Arbeitszeugnissen für ihre Angestellten formulieren können. Dabei können unterschiedliche Techniken zustande kommen, die ein Arbeitszeugnis entsprechend der Anforderungen anders aussehen lassen können. Die Schwerpunkte, die bei den Techniken gesetzt werden, sind immer andere, weshalb wir im Folgenden auf jede Technik und die Feinheiten eingehen werden. Es werden die Knappheits-, Leerstellen-, Ausweich-, Einschränkungs-, Reihenfolgen- und die Positivskalatechnik vorgestellt.
Inhalt:
1. Positivskalatechnik
Die Positivskalatechnik ist die bekannteste Technik. Diese besagt, dass bei allen Noten, auch bei schlechten, eine Zufriedenheit ausgedrückt wird. So heißt es zum Beispiel bei einer Note 4 noch: "Die ihm übertragenen Aufgaben erledigte Herr Mustermann zu unserer Zufriedenheit“. In der Umgangssprache würde man bei einer Note 4 nie von Zufriedenheit sprechen. Um die Notenabstufung zu erreichen, gibt es für jede Note eine definierte Kombination aus der zeitlichen Komponente (stets, immer, usw.) und einem gesteigerten Adjektiv (vollsten, sehr gut, usw.).
- Note 1: stets zu unserer vollsten Zufriedenheit
- Note 2: stets zu unserer vollen Zufriedenheit
- Note 3: zu unserer vollen Zufriedenheit (stets zu unserer Zufriedenheit)
- Note 4: zu unserer Zufriedenheit
- Note 5: im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit
An der zusammenfassenden Leistungsbeurteilung ist das Schema am einfachsten zu zeigen, es trifft aber im Prinzip auf alle Beurteilungskriterien zu.
2. Knappheitstechnik
Bei der Knappheitstechnik wird das gesamte Zeugnis kurzgehalten oder auch nur einzelne Komponenten, wie die Tätigkeitsbeschreibung. Ein sehr kurzes Arbeitszeugnis, das betont kurze und unpersönliche Formulierungen beinhaltet oder mit Schulnoten versehen ist, wird in der Regel negativer gelesen als ein längeres Zeugnis. Je nach Tätigkeit, Position und Dauer der Betriebszugehörigkeit sollte ein Zeugnis eine gewisse Länge bzw. Seitenanzahl haben. Wenn zum Beispiel eine langjährige Führungskraft nur eine 3/4-Seite bekommt, wurde hier sehr wahrscheinlich die Unzufriedenheit mit der Knappheitstechnik ausgedrückt.
Ein insgesamt knappes Zeugnis geht in der Regel mit vielen kurzen Sätzen einher. Dabei sind einzelne kurze Sätze normal und unauffällig. Nur, wenn diese gehäuft genutzt werden, ist Vorsicht geboten. Gerade ab der Note 4 kommt diese Technik sehr häufig zum Einsatz.
3. Leerstellentechnik
Bei der Leerstellentechnik werden entweder ganze Beurteilungskriterien oder auch nur einzelne Worte weggelassen. So erwartet jede zeugnislesende Person zum Beispiel etwas über die Motivation zu erfahren. Fehlt dieser Baustein, kann das eine ungenügende Motivation andeuten. Deshalb ist es wichtig, mindestens die folgenden Kriterien zu erwähnen:
- Arbeitsbereitschaft (Wille, Motivation)
- Arbeitsbefähigung (Können, Belastbarkeit)
- Fachwissen
- Arbeitsweise
- Arbeitserfolg
- Zusammenfassende Leistungsbeurteilung
- Verhalten
- Kündigungs- oder Ausstellungsgrund
Darüber hinaus gibt es berufsspezifische Aussagen, die in einem Zeugnis erwartet werden können. Bei einer Mediengestalterin in einer Agentur ist es zum Beispiel üblich, die Zufriedenheit der Kundschaft mit der abgelieferten Arbeit lobend zu erwähnen. Bei einem Kassierer ist es üblich, die Ehrlichkeit zu erwähnen.
4. Ausweichtechnik
Bei der Ausweichtechnik werden wichtige Aussagen durch weniger wichtige oder selbstverständliche Aussagen ersetzt. Es ist allerdings immer darauf zu achten, in welchem Kontext der Satz steht.
Bei einem Außendienstmitarbeiter kommt es stark auf den Umsatz an und evtl. die Steigerung dessen. Wenn in dem Zeugnis nun nichts über den Umsatz vermerkt ist, aber gleichzeitig das gepflegte Auftreten gelobt wird, ist die Gewichtung im Gesamten falsch. Das lässt darauf schließen, dass er kein guter Vertriebler war. Aber Achtung: Wenn alle wichtigen Eigenschaften genannt werden, ist es durchaus in Ordnung und nicht nachteilig auszulegen, wenn ein besonders gepflegtes Auftreten gelobt wird.
Bei der Erwähnung der Eigenschaft „Pünktlichkeit“ kommt es darauf an, für welche Beschäftigungsgruppe ein Zeugnis geschrieben wurde. Bei Arbeitnehmenden und erst recht bei leitenden Angestellten ist Pünktlichkeit selbstverständlich und muss bzw. sollte deshalb nicht explizit erwähnt werden. Bei einem Ausbildungszeugnis ist die Erwähnung durchaus in Ordnung und nicht nachteilig auszulegen.
5. Einschränkungstechnik
Bei der Einschränkungstechnik werden Aussagen zeitlich oder räumlich eingeschränkt. Bei dem Satz "Herr Mustermann gilt im Verband als Fachmann“ wird der Mitarbeiter zwar als Fachmann beschrieben, allerdings wird eingeschränkt, dass er das nur im Verband ist und eben nicht im Unternehmen. Eine andere häufige Einschränkung wäre: „Die Problemstellungen seines Arbeitsgebietes bearbeitete er selbstständig und sorgfältig.“. Hier ist die Einschränkung „seines Aufgabengebietes“.
Zu erkennen ist die Technik häufig auch an Wörtern wie: "in der Regel", "im Großen und Ganzen", oder "weitestgehend". Diese Aussagen sind mit der Note 5 zu übersetzen.
6. Reihenfolgentechnik
In Deutschland hat sich in Zeugnissen eine gewisse Reihenfolge etabliert. Sowohl bei der Anordnung der Zeugniskomponenten als auch bei gewissen Komponenten in sich und bei der Aufgabenauflistung. Ein prominenteres Beispiel ist die Reihenfolge in der Verhaltensbeurteilung. So muss in einer Beurteilung mit der Note 1 - 3 zuerst der Vorgesetzte, dann die Kollegen und zum Schluss die Kunden genannt werden. Wenn der Vorgesetzte hinter den Kollegen genannt wird, wird ein schlechtes Verhältnis zu eben dem Vorgesetzten ausgedrückt. Steht der Kunde ganz vorne, hat der Mitarbeiter wohl eher zum Wohle des Kunden gehandelt und die wirtschaftlichen Interessen seines Arbeitgebers vernachlässigt.
Bei der Auflistung der Aufgaben ist es entscheidend, die wichtigsten Aufgaben zuerst zu nennen. Bei einer Vertriebsmitarbeiterin sollten zum Beispiel die Betreuung der Kundschaft und die Ausstellung von Angeboten oben stehen. Die Organisation von Büromaterial sollte -wenn überhaupt- ganz unten stehen.
Zusammenfassung
Insgesamt lassen sich bei allen Techniken verschiedene Kniffe herauslesen, um eine vorhandene, bzw. nicht vorhandene Zufriedenheit seitens der Arbeitgebenden in allen Zeugnisabschnitten auszudrücken. Am eindeutigsten und ebenfalls am häufigsten Verwendung findet jedoch die Positivskalatechnik, die es ermöglicht, klare Notenabstufungen in ein Zeugnis zu etablieren, gleichzeitig jedoch auch alle Bewertungsebenen stets positiv zu formulieren.
Nicht immer werden wichtige Komponenten weggelassen oder Zeugnisse bewusst kurzgehalten, um eine Unzufriedenheit auszudrücken. Es kann auch einfach aus Unkenntnis des Zeugnisausstellers passieren. Ein guter Zeugnisgenerator hilft bei der korrekten Erstellung und kann unbeabsichtigt negativen Interpretationen vorbeugen.