Gerichtsurteile zum Thema Arbeitszeugnisse

Mareike Kaufmann
26. September 2024
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Immer wieder kommt es zu Unsicherheiten und Streitigkeiten beim Thema Arbeitszeugnisse zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden. Meist enden diese Streitigkeiten friedlich und ein Übereinkommen, mit dem beide Seiten zufrieden sind, kann getroffen werden. In einigen Fällen gehen diese Streitigkeiten jedoch vor Gericht und es wird durch Dritte entschieden, wie in bestimmten Fällen zu verfahren ist. Über die Jahre sind so einige Gerichtsurteile zum Thema Arbeitszeugnisse entstanden, die Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden helfen, Standards und Rechtliches einzuhalten, sodass es im besten Fall gar nicht erst zu einem Rechtsstreit kommt. Im Folgenden werden einige dieser Gerichtsurteile vorgestellt, die sich mittlerweile in der Ausstellung von Arbeitszeugnissen etabliert haben. Alle verwendeten Urteile werden im Nachgang in entsprechenden Quellen verlinkt.

Inhalt:

  1. Anschrift
  2. Wohlwollen und Wahrheit
  3. Ehrlichkeit
  4. Keine Unterschrift der Geschäftsleitung
  5. Geknicktes Arbeitszeugnis
  6. Dank und Bedauern
  7. Kündigungsgrund
  8. Vertragsbruch
  9. Beweispflicht
  10. Abholen des Arbeitszeugnisses
  11. Zusammenfassung
  12. Quellen

Anschrift

Laut dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm aus dem Jahr 1999 ist die Angabe der Anschrift im Zeugnis überflüssig, da diese den Eindruck erwecken könnte, das Zeugnis sei den Arbeitnehmenden nach einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Auseinandersetzung per Post zugestellt worden. Aus diesem Grund darf die Adresse der Arbeitnehmenden nicht in dem für Briefe üblichen Adressenfeld stehen.

Wohlwollen und Wahrheit

Das Gesetz fordert, dass ein Arbeitszeugnis keine Unwahrheiten enthalten darf und grundsätzlich positiv formuliert sein muss. Dadurch, dass ein Arbeitszeugnis positiv formuliert sein muss, hat es sich etabliert, durch bestimmte Formulierungen oder Anordnungen verschiedener Zeugniskomponenten eine Wertung mit ins Spiel zu bringen, die zukünftige Arbeitgebende entschlüsseln können.

Ein Beispiel für eine solche Verschlüsselung wäre die Bewertung des Verhaltens. Sollte bei dieser Beurteilung erst die Kundschaft und dann die Vorgesetzten genannt werden, kann dies Rückschlüsse über ein nicht durchweg positives Verhältnis zwischen den Arbeitnehmenden und den Vorgesetzten zulassen.

Ehrlichkeit

Das Bundesarbeitsgericht hat 2008 beschlossen, dass Arbeitnehmende beim Fehlen einer bestimmten Eigenschaft, so auch bei der Ehrlichkeit, im Arbeitszeugnis einen Anspruch auf die Erwähnung haben, sofern die Erwähnung dieser Eigenschaften für den entsprechenden Berufszweig üblich ist. Die Auslassung kann nämlich als Hinweis gewertet werden, dass die Ehrlichkeit der entsprechenden Arbeitnehmenden nicht den Ansprüchen gerecht wurde.

Keine Unterschrift der Geschäftsleitung

1999 beschloss das Landesarbeitsgericht Hamm, dass Arbeitnehmende auf ihren Arbeitszeugnissen nicht die Unterschrift der Geschäftsleitung benötigen. Ein Arbeitszeugnis ist ebenso gültig, wenn es lediglich von den direkten Vorgesetzten und beispielsweise von der Personalleitung unterzeichnet wird.

Geknicktes Arbeitszeugnis

Laut dem Bundesarbeitsgericht darf ein Arbeitszeugnis geknickt und mehrere Seiten zusammengetackert werden, wenn das Arbeitszeugnis beispielsweise mit der Post zugestellt wird. Ein Knick im Arbeitszeugnis ist nicht gleichbedeutend mit einer geheimen Botschaft der alten Arbeitgebenden an die neuen Arbeitgebenden, dass die Arbeitskraft weniger wertgeschätzt wurde, als dies im Arbeitszeugnis deutlich wird. Dies beschloss das BAG im Jahr 1999. Wichtig ist jedoch, dass die Knicke bei einer Kopie des Arbeitszeugnisses nicht die Leserlichkeit behindern.

Dank und Bedauern

Das Bundesarbeitsgericht beschloss im Jahr 2012, dass die Erwähnung von Dank oder Bedauern seitens der Arbeitgebenden nicht verpflichtend ist. Es darf von den Arbeitnehmenden also kein Dank für die geleistete Arbeit oder ein Bedauern über das Ende des Arbeitsverhältnisses im Arbeitszeugnis eingefordert werden.

Arbeitnehmende können lediglich verlangen, dass Beurteilungen der Leistung oder des Verhaltens in ein Arbeitszeugnis aufgenommen werden. Die persönlichen Gefühle und Empfindungen der Arbeitgebenden gegenüber den Arbeitnehmenden gehören jedoch nicht dazu.

Kündigungsgrund

Bereits im Jahr 1990 hat das Landesarbeitsgericht Köln beschlossen, dass eine Kündigung nur unter bestimmten Bedingungen in einem Arbeitszeugnis erwähnt werden darf. Wenn die Kündigung nicht durch die Arbeitnehmenden selbst erfolgt ist und diese es sich ausdrücklich wünschen, die Kündigungsumstände im Arbeitszeugnis erwähnt zu haben, ist es unzulässig, Informationen bezüglich der Kündigungsumstände anzugeben. Eine Erwähnung der Umstände der Kündigung könnte der Arbeitskraft die weitere Jobsuche auf dem Arbeitsmarkt unnötigerweise erschweren, weshalb davon abgesehen werden sollte.

Vertragsbruch

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat im Jahr 1997 beschlossen, dass ein Vertragsbruch bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses seitens der Arbeitgebenden berücksichtigt werden darf. Sollte solch ein Vertragsbruch vorliegen, dann kann dieser vor allem in der Beurteilung des Verhaltens der Arbeitnehmenden im Arbeitszeugnis Erwähnung finden.

Beweispflicht

Laut dem Landesarbeitsgericht Bremen in dem Jahr 2000 teilen sich die Beweispflichten von entsprechenden Leistungen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden auf. Arbeitnehmende, die eine Beurteilung im Arbeitszeugnis anfechten, weil ihre Leistung nicht überdurchschnittlich bewertet wurde, tragen die Verantwortung, Nachweise über die eigene überdurchschnittliche Leistung zu erbringen. Umgekehrt sind die Arbeitgebenden in der Pflicht, einen entsprechenden Nachweis über die als unterdurchschnittlich bewerteten Leistungen zu erbringen. Als unterdurchschnittlich gilt die Note 4, die Note 3 hingegen gilt als durchschnittlich und muss folglich nicht durch Arbeitgebende belegt werden.

Abholen des Arbeitszeugnisses

In Bezug auf die Zustellung von Arbeitszeugnissen gab es bereits mehrere Gerichtsurteile, so auch von dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im Jahr 2013. Dieses Urteil besagt, dass Arbeitgebende rechtlich nicht dazu verpflichtet sind, das erstellte Arbeitszeugnis per Post zu verschicken oder anderweitig für eine reibungslose Zustellung zu sorgen. Arbeitnehmende haben zwar das Recht auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses, allerdings haben sie auch eine Holschuld. Das bedeutet, dass sie selbst dafür zuständig sind, das erstellte Arbeitszeugnis abzuholen oder auf einem anderen Wege zu erhalten. Das Arbeitszeugnis muss von den Arbeitgebenden lediglich bereitgestellt werden.

Zusammenfassung

Bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses kann es schnell zu Verwirrungen sowohl auf Seiten der Arbeitgebenden als auch auf Seiten der Arbeitnehmenden kommen. In besonders schwierigen Fällen können die Unsicherheiten und Streitigkeiten sogar bis vor ein Gericht gehen. Damit dies möglichst vermieden werden kann, lohnt sich ein Blick auf bereits gefällte Urteile des Bundesarbeitsgerichts oder der verschiedenen Landesarbeitsgerichte, auf die sich in einem Streitfall berufen werden kann. Es existieren bereits Urteile zu den verschiedensten Themen, wie der Wohlwollens- und Wahrheitspflicht, den Formeln zum Dank und Bedauern, der Unterschriftenpflicht oder den Kündigungsgründen und Vertragsbrüchen.

Quellen

  • LAG Hamm, Urteil vom 17.06.1999: https://openjur.de/u/2191420.html
  • BAG, Urteil vom 12.08.2008: https://openjur.de/u/171398.html
  • LAG Hamm, Urteil vom 17.06.1999:https://openjur.de/u/2161698.html
  • BAG, Urteil vom 21.09.1999: https://www.judicialis.de/Bundesarbeitsgericht_9-AZR-893-98_Urteil_21.09.1999.html
  • BAG, Urteil vom 11.12.2012: https://openjur.de/u/621924.html
  • G Köln, Urteil vom 29.11.1990: https://openjur.de/u/2161460.html
  • LAG Hamm, Urteil vom 27.02.1997: https://openjur.de/u/2161696.html
  • LAG Bremen, Urteil vom 09.11.2000 - 4 Sa 101/00
  • LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.02.2013: https://openjur.de/u/601073.html

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